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Nelly Kostadinova

29. August 2019

Unternehmer ist kein Ausbildungsberuf

Ich habe ihn neulich wiedergetroffen. Wen? Den Jungunternehmer von damals, der sauer auf mich war, weil ich ihm nicht gesagt hatte, dass er den Gewinn aus seinem besten Jahr in der Firma behalten soll. Er war damals so glücklich, weil er genau zu Beginn seiner Selbständigkeit einen Hammer-Kunden bedienen durfte und – total ungewöhnlich für Anfänger – daraus einen dicken Gewinn auf dem Konto hatte. „Anfängerglück“, hätte man meinen können und dieses Geld vorsichtig anfassen sollen. Der Mann war frisch verheiratet und hatte sich ein Häuschen und ein schönes Auto gekauft. Dann war er mit seiner Auserwählten in den Urlaub gefahren. Warum nicht!? Wir arbeiten, um uns schließlich was zu leisten, das ist nur normal. Als der Glückliche damals aus dem Urlaub zurückkam, schaukelte sein Schiff schon. Schwache Aufträge, unbezahlte Rechnungen, böse Bankbriefe…

Und dann? Auto weg, zwei der fünf Mitarbeiter entlassen und in der Folge Klinken putzen. Der Bursche war aber hart im Nehmen und hat die Kurve gekriegt! Offensichtlich! Vor mir stand jetzt, Jahre später, ein Mann der mich mit seriöserem Blick ansah. Mein Rat war damals gewesen: „Das Geld klug investieren“! Und das hatte der Mann getan. Er musste sich wirklich anstrengen. Er musste sein Sanitär-Geschäft wieder neu aufbauen. Die Bank vertraute ihm, er ließ eine Marketingagentur seinen Webauftritt verbessern und ging seinen Weg. Diesmal mit viel kleineren Schritten.

Als Unternehmer werden wir nicht ausgebildet.

Man kann BWL studiert und die betriebswirtschaftliche Organisation seines Unternehmens im Voraus geplant haben… und trotzdem kein guter Unternehmer sein. Anders herum kann man eine komplett andere Ausbildung absolvieren, keine Fachausbildung haben und trotzdem ein erfolgreicher Unternehmer sein. Gibt es hier einen Trick?

Ja, natürlich! Wie überall, wo der Erfolg gesucht wird. Der Trick liegt in der Berufung! Der Unternehmer-Typ liebt seine Idee, nein – er ist besessen von ihr – und vergisst alles um sich herum. Ungeduld, Risikobereitschaft, Entschlossenheit strahlt sein Blick aus. Er wird oft sogar ungemütlich für seine Umgebung, weil aus der ersten Idee noch weitere Ideen wachsen, und diese muss er nun auch noch in den Strom leiten.

Ah, die Freunde beschweren sich schon, wo sind die alten Gesprächsthemen? Es geht doch nur noch um sein Unternehmen… Doch keine Angst, das dauert nicht ewig! Auch der Unternehmer ist ein Mensch. Er lernt mit der Zeit mit der Verantwortung umzugehen und kommt zu sich zurück. Die Zeit vergeht, er wächst weiter: Fachlich und sozial. Und mit ihm zusammen wachsen auch die, die mitgemacht und mitgestaltet haben. Sein Werk wird nicht nur durch seine Ideen getragen, es trägt die Handschriften aller, die voller Freude am Schaffen und Aufbauen mitgewirkt haben, obwohl sie keine Unternehmer sind.

Doch jetzt zurück zu meinem Freund, dem Jungunternehmer, der kein Jungunternehmer mehr ist. Er ist ein echter Unternehmer geworden, weil er aus den bitteren Fehlern gelernt hat. Er ist gewachsen und ist nicht mehr auf die Nase gefallen. Fehler, Niederlagen und sogar Desaster gehören zu unserem Leben als Unternehmer. Und wenn wir es schaffen, unser erstes Gefühl der Begeisterung trotz allem zu bewahren, dann können wir sagen: „Unternehmer sein. Das ist meine Berufung!“

Nelly Kostadinova

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