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29. Mai 2017

Ralph Goldschmidt – Die Lebenskunst als Spezialgebiet –

Herr Ralph Goldschmidt, Lebenskunst ist Ihr Spezialgebiet, Sie wissen was die richtige Mischung aus Job und Privatem ausmacht. Wie viel Nachholbedarf haben wir denn in Sachen Work-Life-Balance?

Ralph Goldschmidt: Das ist individuell höchst unterschiedlich. Mein Eindruck ist allerdings, dass immer mehr Menschen im Hamsterrad laufen, beruflich UND privat. Ich finde den Begriff „Work-Life-Balance“ ziemlich unglücklich, weil er suggeriert, dass es zwei gegensätzliche Pole gibt, die nicht zueinander gehören, nichts miteinander zu tun haben. Hier die Arbeit, da das Leben. Dazu kommt, dass gerade „work-life-balance“ reduziert wird auf die “Vereinbarkeit von Beruf und Familie“. „Work“ wird also reduziert auf Karriere/Erwerbsarbeit und „life“ auf Familienleben. Selbst der Begriff „Balance“ ist schwierig. Viele Menschen haben dabei eine Waage vor Augen, bei der es darauf ankommt, sie auf 50:50 zu bringen und dann dort zu halten … ein sehr statisches Bild. Das Leben ist anders, dynamisch. Ich spreche lieber von „Lebens-Cocktail“, der nicht nur aus Karriere und Familie besteht. Es gehören viel mehr Zutaten rein, z.B. Freunde und Sport und Uni und Geist und Geld und Werte und Sinn und Sex und Kultur und Gesundheit und Wohnen und Hobbys etc.

Gar nicht so einfach, daraus etwas wirklich Leckeres zu mixen! Warum tun wir uns so schwer, die gesunde Mitte zwischen Beruf und Privatleben zu finden?

Ralph Goldschmidt: Aus meiner Sicht geht es nicht um die „gesunde Mitte“, sondern um den richtigen Mix im Leben, und der sieht von Mensch zu Mensch höchst unterschiedlich aus. Und er kann sich ständig ändern. Ich kenne Leute, die arbeiten regelmäßig an die 100 Stunden in der Woche und finden das total geil, weil sie „ihr Ding“ machen und mit einem Mindestmaß an Privatleben einverstanden sind. Das kann in einem halben Jahr ganz anders aussehen. Für andere ist der Job völlig zweitrangig, ihnen sind Freunde, Familie, Hobbies, Zeit für sich selbst, soziales Engagement etc. einfach wichtiger. Es geht darum, herauszufinden, was einem selbst wirklich, wirklich wichtig ist. Und dann den Mut zu haben, das auch zu tun. Das tun leider viel zu wenige. Bei all dem gilt es außerdem zu akzeptieren, dass nicht alles möglich ist und dass irgendein Preis ist immer fällig ist. 

Ist die Gefahr auszubrennen etwas geschlechtsspezifisches oder sind Männer und Frauen gleichsam nicht davor gefeit?

Ralph Goldschmidt: Es gibt Untersuchungen, in denen höhere Burnoutraten bei Frauen gefunden wurden, was in anderen Studien wiederum nicht bestätigt werden konnte. Die Ergebnisse dürften auch stark von der untersuchten Berufsgruppe abhängen. Außerdem haben Männer tendenziell eine höhere Schwelle, seelische Probleme zuzugeben als Frauen – sowohl vor anderen, als auch vor sich selbst. Die Gefahr auszubrennen hat weniger mit dem Geschlecht zu tun als mit individuellen und arbeitsplatzbezogenen Faktoren. Zu den individuellen gehören u.a. hohe Ansprüche, unrealistische Erwartungen, Anerkennung (und Liebe) nur durch Leistung bekommen zu können, ein Hang zum Perfektionismus und das Gefühl, schwierige Situationen ohne fremde Hilfe bewältigen zu müssen. Im Job gelten als burnoutfördernd eine durch Arbeitsüberlastung und Zeitdruck gekennzeichnete Arbeitsumgebung, Mangel an Mitbestimmung und Kontrolle sowie Unfairness und Mangel an Belohnung, Anerkennung und Gemeinschaft.

Welchen Einfluss hat Ihrer Meinung nach der rasende Wandel auf das Ausbrennen der Mitarbeiter?

Ralph Goldschmidt: Für die Effekte, die Industrie 4.0, Digitalisierung und Globalisierung auf die Arbeitswelt haben, hat sich der Begriff VUCA-World eingebürgert: die Zeiten sind volatil, ungewiss, c(k)omplex und ambivalent. Es überfordert uns Menschen, wenn die Geschwindigkeit des Wandels höher ist als die eigene Lerngeschwindigkeit. Wir verlieren die Kontrolle und greifen unter Stress und Unsicherheit auf bekannte Muster zurück, die in der Vergangenheit erfolgreich waren – jetzt aber nicht mehr. Und von Führungskräften und Mitarbeitern wird nicht nur erwartet, dass sie den Wandel irgendwie mitmachen, sondern sie sollen ihn aktiv gestalten und beherzt anpacken. Für viele bedeutet das eine radikale Änderung ihrer Haltung. Tatsächlich treibt laut einer großen Studie der TU München nur jeder fünfte Mitarbeiter die notwendigen Veränderungsprozesse aktiv voran, jeder zweite dagegen gilt als „Bremser“. Für viele heißt es, dass eine radikale Änderung ihrer Haltung nötig ist. Appelle wie „Veränderung als Chance nutzen!“ genügen da nicht. Sie brauchen Strategien, die Lust machen auf Veränderung, die Energien freisetzen, die Mut machen. Das Thema ist gerade total „heiß“, mindestens jede zweite Vortragsanfrage, die ich erhalte, dreht sich darum.

Haben Sie ein paar schnelle Tipps parat, mit denen man dem Alltagsstress einfach Abhilfe schaffen kann?

Ralph Goldschmidt: Es gibt eine ganze Menge hilfreicher Tipps. Besonders effektiv ist ein kurzes, 10-20minütiges Mittagsschläfchen (Power-Nap). Eine meiner Lieblingsübungen ist folgende, dauert nur 2-3 Minuten: Ich suche mir ein ruhiges Plätzchen, schließe die Augen, atme tief ein und dann gaaaaaanz langsam aus. Das verlangsamte Ausatmen ist wichtig! Das wiederhole ich einige Minuten lang. Und vor mein geistiges Auge hole ich während dieser Atemübung einen Ort, an dem ich mich völlig entspannt und pudelwohl fühle. Bei mir ist das eine Hängematte zwischen zwei Palmen an einem leeren Strand im Norden Brasiliens, in der rechten Hand eine Caipirinha, die ich leicht schwenke und dabei die Eiswürfel klirren höre. Es ist immer derselbe Ort. Und es ist unglaublich, wie schnell man dabei runterkommt. Probieren Sie´s mal aus mit einem Ort Ihrer Wahl!

Weitere Informationen zu Ralph Goldschmidt finden Sie in seinem Profil: https://www.speakers-excellence.de/redner/ralph-goldschmidt-sportwissenschaftler.html

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