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Miriam Kohlhaas & Julian Völker

24. September 2018

Work hard – dream big

Bereits in meinem zweiten Interview habe ich mich dazu entschieden, dass ich keine Ringe mehr zählen möchte – obwohl sie wirklich toll aussehen an deiner Hand, Niklas Römer (Link zum Insiderbericht von Niklas Römer). Ich habe mich entschlossen, dass ich Geschichten erzählen möchte, die bereichern. Aber auf meinem Weg zu den besten Vereinen Deutschlands kam es zu besonderen Begegnungen. Da waren Spieler und deren Geschichten, die mich auf besondere Art und Weise berührten und die ich genau deshalb auch erzählen möchte.

Wie diese eine, von dem Spieler, der vor knapp vier Jahren zum ersten Mal einen Football in seinen Händen hielt und es geschafft hat, jetzt schon im besten Teams Europas zu spielen – den New Yorker Lions Braunschweig.

 

Mich hat also interessiert, wie so etwas möglich ist?

Julian, wie bist du zum Football gekommen?

Ich wurde damals in meiner Ausbildung von einem Arbeitskollegen angesprochen, der selbst Spieler der „Langenfeld Longhorns“ war, ob ich nicht mal Lust hätte, mit zum Training zu kommen? Damals habe ich knapp über 80 Kilogramm gewogen und wurde beim ersten Training als Receiver eingesetzt. Schnell haben allerdings alle gemerkt, dass das wohl nichts geben wird, da ich nach zwei Stunden noch immer keinen einzigen Ball gefangen hatte. Der HC Michael Hap hat mich dann an den Defense Coordinator Frank Hoffmeister weitergegeben, der meinte „ich habe bisher jeden ausgebildet und wir kriegen das schon hin“. Mein Körper war total unzureichend für diese Position und so war ich relativ froh, dass wir als Team erst in der 4. Liga gespielt haben. So konnte ich langsam wachsen und mich langsam an die Steigerungen der Gegner gewöhnen. Wir haben uns stetig höher gearbeitet um dann sogar in die 2. GFL aufzusteigen.
Ich glaube, hätte ich vorher mit dem Football begonnen, wäre ich eventuell nicht dabei geblieben. Früher war ich sehr sprunghaft. Ich habe mich in verschiedensten Sportarten ausprobiert. Sechs Jahre lang habe ich Fußball gespielt, auch kurz Tennis.
Am Football mag ich am meisten den Teamgeist, den gelebten Respekt und den Drill. Im Football hat man die Chance, sich schnell weiterzuentwickeln, wenn man hart arbeitet.

Wann hast du gemerkt, dass für dich mehr geht, dass du mehr willst?

Ich habe mir immer wieder neue, kleine Ziele gesetzt. Mein erstes Ziel war es damals, auf dem Feld nicht über den Haufen gerannt zu werden. Dann war es mein Ziel, dem Team irgendwann als Backup Spieler helfen zu können. Dann wollte ich Starter werden. Ich habe immer wieder gemerkt, dass ich manche Spieler immer wieder recht schnell einholen konnte. Spieler, die schon seit der Jugend Football spielten. Im nächsten Schritt habe ich begonnen, sehr „Football-spezifisch“ Kraft zu trainieren. Weg von der Vorstellung, dass ich nur meine Arme trainiere, um in der Disco gut auszusehen – sondern das zu tun, was ich auf dem Feld brauche.

In der Off-Season vor der ersten Saison in Braunschweig habe ich sicherlich den größten Schritt gemacht. Als ich zum ersten Mal nach Braunschweig kam, in einer Zeit, in der der Verein lediglich lockeres Interesse an mir bekundet hatte, da wurde ich gefragt, was ich denn wiegen würde. Damals waren es 102 kg, da wollte ich Eindruck machen und benannte 105 kg. Daraufhin sagte mein Coach, dass 110kg nicht schlecht wären. So habe ich täglich zwei Mal trainiert und zum Start der Saison brachte ich 113 kg auf die Waage.

Sehr motiviert haben mich immer die Footballcamps. Da treffen sich so viele verschiedene Spieler aus ganz Deutschland. Als dann Menschen wie Raphael Llanos oder Christian Mohr zu mir kamen und mir sagten, wie gut sie mich doch fanden, hat mich das wahnsinnig geehrt. Dort lernt man schnell, weil man von so talentierten Leuten lernt, die mit einem diese Tage verbringen. Seien es Trainer oder auch Spieler.

Aber hätte Braunschweig kein Interesse an mir bekundet, würde ich 100%ig noch in Langenfeld spielen. Ich hätte es nie gewagt, mich irgendwo zu bewerben – aus mangelndem Selbstbewusstsein im Bereich Football, weil ich einfach noch nicht so lange spiele und weil ich Personen wie Patrick Finke (Link zum Insiderbericht von Patrick Finke) oder Christopher Cauvet niemals um einen Stammplatz herausfordern würde.
Ich wäre auch niemals zu einem Verein gewechselt, der gerade oder in Zukunft Konkurrent der Longhorns sein würde – einfach aus Respekt zu meinem Team. Ich würde nie gegen mein altes Team spielen wollen. Für mich ist es keine Option, in ganz Deutschland rumzureisen und für jedes Team eine Saison zu spielen.

Bist du eher ein Teamplayer oder mehr Leader?

Ich glaube ein guter Leader ist auch ein guter Teamplayer. Ich glaube, ich könnte ein guter Leader sein/werden. Ich denke, ich bin ein guter Teamplayer, der manchmal auch die Führung übernehmen kann.

ICH WILL WISSEN, WAS MÖGLICH IST!!!!

Was macht deiner Meinung nach die spezielle Mentalität eines Spielers deiner Position aus? 

Anders als auf einigen anderen Position ist man im ständigen Match-Up mit demselben Gegenüber. Offense Tackle gegen Defense End. Deswegen muss man sich immer sicher sein, dass man der Stärkere von beiden ist und seinen Gegenspieler nicht nur körperlich, sondern auch mental dominiert.
Außerdem ist auch sehr wichtig, dass man diszipliniert ist, um zum Beispiel „Offsides“ zu vermeiden, die an der Linie bei Unkonzentriertheit schnell mal passieren können.

Was muss ein Spieler deiner Position charakterlich mitbringen?

Auf jeden Fall sollte ein Spieler auf meiner Position mentale Stärke mitbringen, was aber sicherlich auf jeder Position auf seine eigene Art und Weise wichtig ist. Außerdem darf man nicht eigennützig sein, sondern muss sich auch damit abfinden, in manchen Fällen die Vorarbeit für die Linebacker zu machen – ohne groß in den Statistiken aufzutauchen.

Gab es in deiner Karriere Momente, in denen du dir sportpsychologische Hilfe gewünscht hättest?

Ehrlich gesagt, hab ich es nie in Erwägung gezogen, weil es für mich bisher nie ein Thema war. Bisher ging es in meiner “Karriere” immer nur bergauf. Keine langwierigen Verletzungen, keine Unzufriedenheit aufgrund von zu wenig Spielzeit oder Ähnlichem. Bisher wusste ich immer, woran es noch fehlt, wenn es mal nicht für einen Starting Platz gereicht hat. Das hat nichts mit mangelnder Motivation zu tun, sondern eher mit realistischer Selbsteinschätzung. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass man an solche Punkte geraten kann, sobald man eines Tages in seiner Leistung stagniert oder mal eine schwere Verletzung wegstecken muss.

Was hast du selbst getan, um nicht nur deinen Körper, sondern auch deinen Kopf immer wieder weiter zu trainieren? 

Gute Frage… Ich glaube, ich habe nie bewusst irgendwelche Methoden angewandt. Ich schaue manchmal einfach in den Spiegel und frage mich, wie weit es noch gehen kann. Wo ich jetzt bin – das hätte ich nie für möglich gehalten. Und warum sollte ich jetzt nicht noch weitere, vermeintlich “unrealistische” Ziele haben? Ich glaub, auf diese Art und Weise trainiere ich meinen Kopf. Einfach zwischendurch mal darüber nachdenken, wo man herkommt und wo man eventuell noch hinkommen könnte.


Welcher ist dein Glaubenssatz?

Wenn du damit meinst, was mein Motto ist, würde ich mit “hard work pays off” oder “work hard – dream big” antworten. Das sind zwei Sprüche, die mich immer verfolgt haben und mit denen ich mich identifizieren kann. Es gibt ja auch noch den Spruch “hard work beats talent, when talent doesn’t work hard”… aber was ist alles möglich, wenn Talent eines Tages auch noch hart arbeitet?

 

Wie motivierst du dich am besten? Arbeitest du hier mit Videos oder Bildern? 

Ich kann glücklicherweise aus sehr vielen Dingen Motivation ziehen. Ob ich Football Pump-up-Videos, Dokus von erfolgreichen Sportlern oder Sportfilme gucke. Oder wenn mir jemand sagt, dass ich etwas nicht kann. Aber auch wenn ich eine einfache Whatsapp-Unterhaltung mit meinem Bruder über unser jeweiliges Training halte. Das eine motiviert vielleicht eher kurzfristig und weckt Adrenalin in einem, das andere motiviert einen über Wochen, Monate oder sogar Jahre.

Das ist bei mir wirklich sehr unterschiedlich und abwechslungsreich, bisher hat es selten an Motivation gefehlt.

Was würdest du jungen Sportlern raten? 

SEI GEDULDIG UND IMMER HUNGRIG!

 

Versucht nicht krampfhaft Dinge zu erzwingen. Wenn man hart an etwas arbeitet, dann wird sich das eines Tages auszahlen. Klar, es ist auch immer etwas Glück notwendig, aber das kann man schlussendlich sowieso nicht kontrollieren. Also tut alles dafür, dass ihr nicht auf zu viel Glück angewiesen seid.
Ganz wichtig ist noch, dass ihr nicht zu perfektionistisch seid. Klar, das ist für die Entwicklung auch wichtig und man sollte natürlich immer mehr wollen. Aber auf Dauer kann das zu Unzufriedenheit führen und das führt dann eines Tages zu Stillstand in der Entwicklung. Ab und zu einfach mal den „Status quo“ anschauen und mit dem zufrieden sein, was ihr bis dahin erreicht habt. Und wenn ihr nicht zufrieden seid, habt ihr nicht hart genug gearbeitet.

 

Ist es deiner Meinung nach wünschenswert, dass sich die Sportpsychologie im deutschen Football fest etabliert?

 

Definitiv! Jetzt wo ich mich mit dem ganzen auch etwas mehr auseinandersetzen konnte, habe ich gemerkt, dass es auf jeden Fall einigen Leuten enorm weiterhelfen könnte. Es ist natürlich noch nicht vergleichbar mit Sportarten wie Fußball, die viel mehr Präsenz in der Öffentlichkeit haben und wo somit mehr medialer Druck besteht. Aber wenn jemand in einem Formtief steckt, ist es egal ob er 100 € oder 50.000 € mit seinem Sport verdient, oder eben noch viel mehr.

All ihr wundervollen Sportler, ihr fantastischen “Neulinge”, die es in diesem Sport doch gibt. Seid stolz auf jede einzelne Stufe, die euch hierher gebracht hat!
“Work hard – dream big” – alles ist für euch möglich!

Eure Miriam

Miriam Kohlhaas & Julian Völker

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