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Prof. Dr. Jutta Rump

12. Februar 2018

Zwangsunternehmer aller Länder vereinigt Euch – Crowdsourcing

Die digitale Arbeitswelt erfordert mehr Eigenkompetenz und Selbstmanagement

Die weltweite Vernetzung durch das Internet ermöglicht eine immer effizientere Arbeitsteilung: Niedere Aufgaben werden von Softwaresystemen übergenommen, die verbleibende Arbeit durch Crowdsourcing erledigt. Dabei macht jeder das, was er am besten kann, immer dann, wenn es ihm gerade passt und dort wo er sich eben aufhält. Das bietet Vielen bisher unbekannte Freiheiten, wird aber auch etliche Menschen in eine Zwangsselbstständigkeit treiben. Höchste Zeit unsere Gesellschaft darauf vorzubereiten.

Von Prof. Jutta Rump

Was bleibt übrig von unserer Arbeitswelt, wenn selbst Berufsgruppen wie Ärzte, Lehrer und Psychologen Konkurrenz von Algorithmen bekommen, die ihre Arbeit schneller, fehlerfreier und effizienter erledigen? Die beruhigende Antwort ist: Es wird immer genügend zu tun geben für uns Menschen. Vielleicht erstellen Softwareprogramme in Zukunft sicherere Diagnosen als Ärzte und Psychologen und didaktisch sinnvollere Lehrpläne, aber sie werden nie das Zwischenmenschliche leisten können. Auch in anderen durch künstliche Intelligenz vermeintlich bedrohten Berufsfeldern, etwa im Servicebereich, im öffentlichen Verkehr oder im Personalmanagement, wird der Mensch als Korrektiv immer gebraucht werden. Unsere Fähigkeit zur Abstraktion, zum Erkennen komplexer Zusammenhänge und unsere Kreativität lassen sich nicht so schnell ersetzen. Wir müssen uns zwar darauf einstellen, dass zahlreiche Jobs wegfallen und vielleicht sogar ganze Berufszweige aussterben. Aber: Die Arbeit, die uns bleibt, wird die interessantere sein. Ausgleichend könnte sich zudem die demografische Entwicklung auswirken, durch die es langfristig weniger potentielle Arbeitnehmer geben wird.

Mitarbeiter ohne Verpflichtungen

Doch die zunehmende Digitalisierung unserer Arbeitswelt bringt noch eine weitere weitaus schwerwiegendere Veränderung mit sich. Bereits heute lässt sich beobachten, dass Unternehmen verstärkt auf freie, über das Internet abrufbare Mitarbeiter zurückgreifen. Organisiert sind diese Arbeitskräfte über Plattformen wie Amazons Mechanical Turk oder oDesk. Dort können Sie sich in sogenannten Auktionen für einzelne Projekte bewerben. Dieses Crowdsourcing ist für die Unternehmen sehr attraktiv, denn Sie können Mitarbeiter immer dann buchen, wenn sie diese gerade brauchen. Verpflichtungen müssen keine eingegangen werden und die Reputation potenzieller Arbeitnehmer lassen sich an Bewertungen voriger Kunden ablesen. Ein Modell, das sich international immer stärker durchsetzen dürfte.

Globale Herausforderung

Doch wo bleibt der Arbeitsschutz, das Arbeitsrecht, wenn wir immer nur projektweise beschäftigt werden? Oft sind die Arbeitsbedingungen beim Crowdsourcing katastrophal. Nicht selten werden ehemalige Angestellte eher unfreiwillig als sogenannte Cloud-Worker in ein freies Beschäftigungsverhältnis gedrängt. Als Zwangsunternehmer erledigen sie dieselben Aufgaben wie zuvor im Büro – nur zu anderen Konditionen. Da sie jetzt unmittelbar mit der internationalen Konkurrenz im Wettbewerb um jeden einzelnen Job stehen, ist die Bezahlung oft geringer. Das ist eine Problematik, für die sich nicht so schnell eine einfache Lösung finden lässt. Denn die Entwicklung findet in einem globalen Kontext statt und verlangt demnach auch eine globale Antwort. Zentralistische Regeln, etwa durch Gesetze einzelner Staaten, dürften hier nur bedingt weiterhelfen.

Herausforderung für das Bildungssystem

So bleibt die Initiative bei den Betroffenen selbst. Sie müssen sich zum einem organisieren, um für ihre Rechte einzutreten und faire Rahmenbedingungen zu schaffen. Zum anderen müssen sie ihr Selbstmanagement optimieren. Nicht jeder Mensch ist der geborene Unternehmer. Ein Cloud-Worker muss einschätzen können, was er wirklich leisten kann und was er mindestens leisten sollte: Welche Aufträge lohnen sich? Was muss ich sofort erledigen, was kann warten? Und wann habe ich eigentlich Feierabend? Doch diese Eigenkompetenz ist etwas, auf das uns unser Bildungssystem nicht ausreichend vorbereitet – weder im schulischen Bereich noch an den Universitäten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Prof. Dr. Jutta Rump

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