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Sabrina Olsson

24. November 2017

Körpersprache & die Angst vor der Kamera im Marketing.4

Mit klassischem Marketing lassen sich Kunden kaum noch erreichen – in der digitalen Welt verändern sich ständig ihre Bedürfnisse. Unternehmen können ihre Konsumenten nur noch dauerhaft für eine Marke begeistern, wenn sie sich Fähigkeiten aneignen, mit denen sie schnell reagieren können. Dazu gehören technische Kompetenz, aber auch Fähigkeiten, dem Unternehmer oder dem Unternehmen eine persönliche Note, ein Gesicht zu geben. In diesem Zusammenhang stelle ich jedoch immer wieder fest, dass Menschen insbesondere dann in Barrieren verfallen, wenn sie vor einer Kamera stehen oder noch schlimmer, wenn sie etwas vor einer Video-Kamera präsentieren sollen.

Nun stehen Unternehmer jedoch im digitalen Zeitalter – Marketing.4 – vor der Herausforderung ihre Expertise, ihre Persönlichkeit und ihr Unternehmen digital und vor allem viral zu verbreiten. Und die aktuellsten Anforderungen des Marktes sind nun mal Veröffentlichungen im Video-Format, in welchen Kanälen diese auch immer vermarktet werden.

Dies ist ein Problem! Denn Körpersprache sticht Content und Angst sticht Wort! So kommt es dann nicht selten vor, dass Videoproduktionen zu einem persönlichen Desaster werden. Und zu allem Übel noch dazu, können wertvolle Ressourcen nicht qualitativ überzeugend dargestellt werden: Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Kompetenz, Sichtbarkeit, Viralität! Papier ist geduldig, die Kamera hingegen gnadenlos ehrlich! Und so kommt es, dass nicht gerade wenige Unternehmer die Umsetzung ihres digitalen und viralen Marketings auf unbestimmte Zeit vertagen. Nur leider leben wir in einem exponentiell digitalem Zeitalter, wo es jetzt schon schwer ist, den Anschluss zu halten, gemäß dem Sprichwort: Den letzten beißen die Hunde. Dies ist ein Dilemma, ich weiß, daher hier ein paar Hintergründe, die Ihnen vielleicht helfen die allgemeingültigen Blockaden vor der Kamera zunächst einmal zu verstehen.

Archaisch gesehen schaffen wir Barrieren seit 500 Mio. Jahren

Barrieren zum Schutz oder der Abgrenzung, ausgelöst durch einen meist unbewussten Impuls, es geht um die Überwindung von Nähe, Angst und Distanz: Hier kommen immer wieder die Urmuster unserer Vorfahren zum Vorschein.

Wieso ist das so? Warum schaffen wir Barrieren mit unserer Körpersprache? Ganz simpel: Weil sich als gut und wichtig bewiesene Systeme in unserem Körper und somit auch im körpersprachlichem Ausdruck nicht weg-evolutioniert haben! Schließlich geht es um funktionserhaltende Basissysteme unseres Körpers, die schon alleine aus diesem Verständnis heraus nicht fehlen können oder einer willentlichen Manipulation unterworfen sein dürfen. Lassen Sie mich an dieser Stelle etwas ausholen, um in einfachen Worten komplexe Sachverhalte zu skizzieren.

Modellhaft lässt sich das menschliche Gehirn als ein dreigeteiltes und zweigeteiltes Gehirn verstehen. Nur das Zusammenwirken der drei bzw. zwei Gehirnhälften kann die ineinander greifenden Vorgänge Wahrnehmung, Denken, Fühlen und schließlich auch Handeln sicherstellen.

Das Stammhirn, auch Reptiliengehirn genannt ist der älteste Teil dieses komplexen Gebildes. Es entwickelte sich vor etwa 500 Millionen Jahren und ist in erster Linie für die Steuerung unbewusster, jedoch lebenserhaltender Funktionen zuständig.

Wenn also ein Handeln aus einem Reflex heraus als eine archaische Aktion verstanden wird, die wiederum eine archaische Gegenreaktion herbeiführt – liegt hier mit 55 % die Wurzel unserer rein reflexartigen nonverbalen Sprache bzw. Ausdrucksweisen.

Über diesem Gehirnstamm – Stammhirn/Reptiliengehirn – entwickelte sich dann vor etwa 200 Millionen Jahren das Limbisches System, anatomisch auch Zwischenhirn genannt. Dieses Gehirnareal verantwortet die Steuerung der Gefühle, der Emotionen wie Ärger, Freude, Zu- oder Abneigung. Dementsprechend liegt hier die Inspiration, die Motivation.

Archaisch verstanden wurzelt im Limbischen System die paraverbale Sprache, die der Laute,  wissenschaftlich beschrieben zu 38 %.

Vor etwa 50 Millionen Jahren entwickelte sich der jüngste Teil unseres Gehirns, das Großhirn auch Neokortex genannt. Erst dieser befähigte das Zwischenhirn dazu äußere Informationen und Eindrücke mit Erfahrungen und Erinnerungen zu verknüpfen und eine Verbindung von Emotion und Gedächtnis herzustellen. Das Großhirn ist also unser Gedächtnis. Als Speicher unserer Erlebnisse und Erfahrungen liegt hier unser Bewusstsein. Es ist  jedoch auch verantwortlich für unser bewusstes Denken: logisch, abstrakt, reflektierend und analytisch. Zugleich ist das Großhirn die Quelle unseres Ich-Bewusstseins. Die menschliche Sprache liegt im Großhirn begründet, jedoch wissenschaftlich belegt: mit nur etwa 7 %.

Unsere großen Fähigkeiten, die wir täglich erleben, wie Wahrnehmung, Fühlen, Denken und Handeln entstehen erst im Zusammenspiel dieser drei Gehirnteile:

  • 55 % Stammhirn = nonverbal, ursprünglich unbewusst
  • 38 % Zwischenhirn = paraverbal, ursprünglich unbewusst
  • 7 % Großhirn = verbal, bewusst

Dies normalerweise und zum überwiegenden Teil jedoch unwillkürlich. Übertragen wir diese Erkenntnis nun aber auf das Thema der körpersprachlichen, nonverbalen und reflexartig ausgelösten Barrieren, können wir anfangen uns diese unwillkürlichen Reflexe bewusst zu machen, denn: Mit unserem Großhirn haben wir ein Werkzeug an die Hand bekommen um uns Unbewusstes bewusst zu machen und unsere reflexgesteuerten Aktionen somit zu beeinflussen, zumindest teilweise.

Sollten Sie an dieser Stelle fragen: „Warum?“

Weil Ihr Kommunikationspartner – im skizzierten Fall der Konsument, der sich Ihre Videodarstellung anschaut –  Ihre reflexgesteuerten Barriere-Aktionen (und nur darum geht es hier) nicht als angenehm oder anregend im Sinne einer Überzeugung empfindet – oder weil es ihm, archaisch begründet, auch gar nicht erst in den Sinn kommt, sich näher mit Ihnen und Ihrer Barriere auseinander zu setzen, denn:

„Das Unbewusste ist niemandem als nur der Person selbst verborgen.“ Edward T. Hall

 Was nichts anderes bedeutet, dass Ihr Kunde Ihre Barrieren längst vor Ihnen erfasst hat – wenn auch unbewusst. Was dazu führt, dass der Zuschauer Ihrer Videobotschaft bei einer körpersprachlichen Barriere Ihrerseits ebenfalls archaische Muster einsetzt: Angriff oder Flucht. Beide Alternativen sind im Verständnis Marketing.4 jedoch wenig zielführend.

Sabrina Olsson

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